DACHheute.com

Deine News für Deutschland, Österreich und die Schweiz

Ein Meisterstück in Rot: Bayerns 34. Titel

Der FC Bayern München feiert seine 34. deutsche Meisterschaft.

Der FC Bayern München ist zum 34. Mal deutscher Meister

Der Wind zog an diesem frühen Sonntagabend kräftig durch die Täler des Schwarzwalds, doch die wichtigste Bewegung spielte sich auf der Anzeigetafel des Europa-Park-Stadions ab. Dort leuchtete nach 94 intensiven Minuten ein 2:2 zwischen dem SC Freiburg und Bayer 04 Leverkusen auf – ein Resultat, das 300 Kilometer entfernt in München spontane Jubelsalven auslöste. Denn wenige Sekunden nach dem Schlusspfiff war rechnerisch klar, dass der FC Bayern zwei Spieltage vor Saisonende zum 34. Mal deutscher Meister ist. Es war ein Triumph ohne direkten Einsatz, ein Titelgewinn auf Distanz, doch die Wucht der Nachricht fegte durch Kabinen, Kneipen und Kurznachrichtendienste, als hätte Joshua Kimmich selbst den finalen Pfiff ausgelöst.

Freiburg als Spielverderber

Sportlich gesehen lag die Verantwortung für die Entscheidung völlig außerhalb Münchens Einflussbereich. Leverkusen war in den Schwarzwald gereist, um seine Restchance zu wahren, traf aber auf einen Freiburger Gegner, der sich von der Großen Bühne nicht einschüchtern ließ. Ein abgefälschter Schuss von Maximilian Eggestein kurz vor der Pause und ein Eigentor von Piero Hincapié nach Wiederbeginn stellten die Werkself vor eine fast unlösbare Aufgabe. Zwar sorgten Florian Wirtz und Jonathan Tah noch für den Ausgleich, doch das ersehnte dritte Tor fiel nicht. Leverkusen hielt sich tapfer, verbuchte 69 Prozent Ballbesitz und zehn Abschlüsse auf das Tor von Noah Atubolu, doch am Ende reichte die Initiative nicht. Als Schiedsrichter Daniel Schlager abpfiff, war das Ergebnis im Süden längst aufgenommen, kommentiert und gefeiert.

Im Münchner Teamhotel, wo sich die Spieler nach dem eigenen 3:3 vom Vortag gegen Leipzig zu einer regenerativen Sitzung versammelt hatten, lief das Freiburger Spiel auf einem überdimensionierten Bildschirm. Vincent Kompany, erst seit zehn Monaten Cheftrainer, registrierte die Endszene zunächst stoisch, dann löste sich ein breites Lächeln, während um ihn herum die Smartphones hochgingen. Über die sozialen Netze verbreitete sich das Hashtag #Schale34 in rasender Geschwindigkeit. Die Redaktion der Süddeutschen Zeitung sprach von einer „Couch-Krönung“, die trotz physischer Distanz nichts von ihrer Emotionalität einbüßte.

Taktische Modernisierung

Kompany kam im vergangenen Sommer mit dem Ruf, bei Burnley einen Ballbesitz- und Kombinationsfußball kultiviert zu haben, den er nun auf höherem Niveau veredeln wollte. Er formte aus Bayerns Traditionself eine Mannschaft, die das Zentrum verengte, früh presste und in kontrollierten Aufbauphasen fast schon Guardiola-artige Dreiecke zeichnete. Das Resultat war eine Offensive, die in 32 Spielen 93 Tore erzielte, die beste Quote der Liga laut Kicker. Gleichzeitig blieb die Defensive mit 32 Gegentreffern anfälliger, was der Trainer öffentlich als „Investition in einen risikoreichen Stil“ verteidigte.

Besonders viel Aufmerksamkeit zog Kompanys Umgang mit Thomas Müller auf sich. Der 35-Jährige durchlief seine 16. Bundesligasaison, akzeptierte aber eine veränderte Rolle. Statt jedes Spiel von Beginn an zu bestreiten, kam er häufig als Joker – und erzielte in dieser Funktion fünf seiner sieben Saisontore. Jamal Musiala, der kreative Taktgeber, überzeugte mit 16 Scorerpunkten, bevor ihn im April ein Sprunggelenksproblem ausbremste. Dabei zeigte das Trainerteam Fingerspitzengefühl: Musiala kehrte erst zurück, als die medizinische Abteilung grünes Licht gab, und glänzte prompt wieder mit Tempodribblings, die der Südwestrundfunk als „Balett der engen Räume“ beschrieb.

Harry Kane und der Triumph des Wartenden

Für Harry Kane, den teuersten Transfer der Vereinsgeschichte, war der Abend in Freiburg der emotionale Höhepunkt einer Karriere, die er mit Titeln adeln wollte. Nach Jahren vergeblicher Anläufe in London stand er nun ganz oben. Mit 24 Ligatoren steuerte er exakt ein Viertel aller Bayern-Treffer bei und stellte laut Reuters den internen Rekord für die meisten Auswärtstore in einer Saison ein. Bemerkenswert war seine Effizienz: Jede 103. Minute zappelte der Ball nach einer Kane-Aktion im Netz. Sein Stellungsspiel profitierte von den Diagonalbällen eines reiferen Alphonso Davies und den flachen Steckpässen Musialas. Die Bild-Zeitung titelte am Morgen danach: „Kane holt, was er sich versprochen hat.“

Kanes Ankunft hatte zudem einen psychologischen Effekt. Mannschaft und Fans spürten die Wucht eines Stürmers, der in den entscheidenden Momenten das Richtige tut. Seine Treffer gegen Leverkusen im März – ein Doppelpack in der 67. und 89. Minute – galten vielen Experten als Wende im Titelrennen. Mit jedem Tor wuchs das Selbstbewusstsein einer Elf, die sich in der Vorsaison noch an einer ungewohnten Titel-Flaute abgearbeitet hatte.

Die Saison in Etappen

Bayern startete in die Spielzeit, als hätte jemand ein Ventil geöffnet. 21 Tore in den ersten fünf Partien ließen Erinnerungen an Gerd Müllers Rekordsaisons aufleben. Besonders eindrucksvoll war das 5:0 gegen Köln, bei dem Leroy Sané zweifach traf und Assist-Maschine Kingsley Coman fünf Torschuss-Vorlagen lieferte. Die Münchner Presse sprach von einem „Feuerwerk der Leichtigkeit“.

Die sensible Winterphase

Im Advent kam die erste Delle. Die Mannschaft verlor bei Eintracht Frankfurt 1:3 und wankte in Stuttgart (2:2). Kompany reagierte, indem er das Trainingspensum anzog und die Abwehr von einer Vierer- in eine Dreierkette umformte, in der Noussair Mazraoui neben Matthijs de Ligt und Dayot Upamecano verteidigte. Zwar blieb das System nicht ohne Fehler, doch es sorgte für überladene Flügel, von denen Harry Kane profitierte.

Der finale Sprint

Ab dem 24. Spieltag stellte Kompany endgültig auf den sogenannten „Box-Mittelfeld“-Ansatz um: Kimmich und Leon Goretzka agierten enger beisammen, Musiala rückte halbrechts in die Linie, Sané schob häufig in die Spitze. Die Folge war eine Serie von 25:6 Toren in sieben Partien – genau die Strecke, über die Leverkusen patzte. Kicker resümierte, dass Bayern „den unbedingten Willen in eine definierte Ordnung übersetzt“ habe.

Leverkusens ungewohnte Fehlerquote

Leverkusen, im Vorjahr noch Double-Gewinner, begann mit der Bürde des Verfolgers. Trainer Xabi Alonso blieb seinem progressiven Kombinationsfußball treu, doch in der Crunch-Time sank die Chancenverwertung. Die Rheinische Post errechnete, dass Leverkusen zwischen Spieltag 27 und 30 aus 64 Torschüssen nur fünf Treffer erzielte. Der schwerwiegendste Ausfall war der von Patrik Schick, dessen muskuläre Beschwerden aus dem Winter nicht vollständig abklangen.

Wettbewerb in der Balance

Bayerns erneuter Triumph schürt die altbekannte Debatte über Chancengleichheit, doch die Saison zeigte, dass die Lücke kleiner geworden ist. Leverkusen blieb lange auf Augenhöhe, Leipzig spielte phasenweise begeisternd, Dortmund stabilisierte seine Defensive. Die Liga verfügt somit über mehrere Teams, die dem Branchenführer gefährlich werden können – vorausgesetzt, sie halten Konstanz und schaffen es, Schlüsselspieler zu halten.

Der 34. Meistertitel des FC Bayern ist auf den ersten Blick ein bekanntes Kapitel in einem Buch, das Deutschland seit Jahrzehnten liest. Doch der Blick lohnt sich: Eine junge Traineridee, ein Weltklassestürmer in seiner späten Blüte, ein Traditionsklub, der seine Strukturen modernisiert – all das verleiht dem goldenen Eintrag von 2025 einen frischen Anstrich. Der Blick richtet sich bereits auf das nächste Ziel: international wieder zur Speerspitze zu werden. Für diesen Moment jedoch genießt München den süßen Geschmack des Erfolgs, getragen von der Erkenntnis, dass selbst Gewohntes Spannung und Emotionen entfalten kann, wenn es mit der nötigen Leidenschaft gelebt wird.