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Trumps Zoll-Hammer

Zoll auf Schweizer Produkte

Zoll auf Schweizer Produkte

Was er für die Schweiz bedeutet

Donald Trump ist zurück in Washington – und mit ihm eine harte „America-First“-Linie im Welthandel. Seit Anfang April 2025 droht der US-Präsident mit neuen Importabgaben von bis zu 31 Prozent auf Schweizer Waren. Die bereits bestehenden 25-Prozent-Zölle auf Stahl und Aluminium bleiben ebenfalls bestehen. Für ein export­orientiertes Land wie die Schweiz stellt sich deshalb die Frage: Wer leidet, wer profitiert, und wie reagieren Politik und Unternehmen?


Ein Schock für die Uhren-Nation

Am härtesten trifft es jene Branchen, in denen die Schweiz Weltmarktführer ist. Die Luxus­uhren-Industrie erzielt jedes sechste Franken im US-Geschäft. Wird eine Rolex, Patek oder Omega am Zoll plötzlich um ein Drittel teurer, überlegen sich selbst wohlhabende Amerikaner zweimal, ob sie zugreifen. Händler berichten bereits von ersten Stornierungen, weil Käufer auf Hongkong oder Dubai ausweichen. Für die teuren Marken ist das zwar schmerzhaft, aber überlebbar: Ihre Kundschaft bezahlt eher einmal eine Preiserhöhung. Die mittel­großen Hersteller, die in einem Preissegment zwischen 2 000 und 10 000 Franken agieren, spüren den Druck deutlicher. Dort reichen die Margen nicht aus, um die Zölle komplett zu schlucken, doch eine volle Weitergabe an den Kunden würde Absatz kosten.

Maschinenbau und Medtech: Präzision wird zur Last

Noch gravierender sieht es beim Maschinen-, Elektro- und Medtech-Sektor aus. Schweizer Präzisions­werkzeuge, Spezialpumpen oder Laborgeräte sind zwar technisch oft unersetzlich, aber ihre Preise sind hart kalkuliert. Ein Zollaufschlag von 31 Prozent könnte dazu führen, dass amerikanische Einkäufer eher zu deutschen oder koreanischen Alternativen greifen. Einige Betriebe prüfen bereits, ob sie Komponenten in Mexiko oder gleich in den USA fertigen lassen können, um die Abgaben zu umgehen. Das kostet Jobs im Inland – und schwächt auch Zulieferer in ländlichen Regionen wie dem Toggenburg oder dem Berner Oberland.

Süßes, Käse und Kaffee – die Nischen­verlierer

Schokolade, Käse und Kaffee machen im Statistik­vergleich zwar nur einen kleineren Teil der Schweizer Exporte aus, doch für viele Traditions­marken sind die USA ihr wachstums­stärkster Markt. Vor allem Premium-Schoggi, die in New York oder Los Angeles längst als Lifestyle-Gadget gilt, könnte in den Regalen Platz für belgische, italienische oder amerikanische Konkurrenz frei­machen. Ähnlich sieht es beim Emmentaler und beim Raclette-Käse aus: Der Konsument in Florida merkt den Preis­aufschlag sofort, weil die Produkte in direktem Wettbewerb mit lokaler Ware stehen.

Der Franken als sichere Zuflucht – Fluch und Segen zugleich

Während die Exporteure schwitzen, erleben die Devisen­händler mal wieder einen Franken-Boom. Im Handelskrieg zwischen Washington und Peking fliehen Investoren in den „sicheren Hafen“ Schweiz. Der Kurs steigt, was die Produkte hierzulande in Dollar gerechnet noch teurer macht. Damit wird der Zoll­effekt doppelt schmerzhaft. Andererseits freut sich der Schweizer Konsument: Ferien in Kalifornien, die Shopping-Tour am Black Friday oder der Online-Kauf von Elektronik in den USA werden günstiger. Auch die import­abhängige Pharma- und Chemie­branche profitiert von billigen Rohstoffen, die sie in Dollar bezahlt.

Wo sogar Chancen lauern

Trotz aller Hiobs­botschaften gibt es Lichtblicke. Viele multinationale Schweizer Firmen – allen voran Nestlé, ABB oder Novartis – betreiben bereits große Werke in den Vereinigten Staaten. Sie können ihre Produkte lokal herstellen und direkt verkaufen. Für sie sind die neuen Zölle eher ein Wettbewerbs­vorteil gegenüber europäischen Rivalen, die keine US-Fabriken besitzen. Auch die Pharma- und Medtech-Industrie ist vergleichsweise robust: Patent­geschützte Medikamente und hoch­komplexe Implantate lassen sich nicht so leicht substituieren, und ein paar Prozent Preis­aufschlag fallen im Milliarden-Budget amerikanischer Kranken­versicherer wenig ins Gewicht.

Darüber hinaus schaut die Schweiz verstärkt Richtung Asien. Das Frei­handels­abkommen mit China wird ausgebaut, neue Gespräche mit Indien und den Golf­staaten laufen. Während Amerika zur protektionistischen Festung wird, öffnet sich mancher Markt im Osten bereitwillig für Schweizer Präzisions­güter – oft mit geringeren Zöllen als zuvor.

Bern zwischen Protest und Pragmatismus

Der Bundesrat fährt einen Doppel­kurs. Einerseits protestiert er in Washington, verweist auf jahrzehnte­lange Partnerschaft und pocht auf vorhandene WTO-Regeln. Diplomaten suchen Ausnahmeregeln, vor allem für Uhren und Maschinen. Andererseits stellt die Regierung klar, dass man nicht in eine Eskalations­spirale einsteigen will. Strafzölle gegen Harley-Davidson oder Bourbon, wie sie Brüssel 2018 verhängte, gelten in Bern als letztes Mittel. In der Zwischenzeit baut das Staats­sekretariat für Wirtschaft (Seco) einen „Trump-Ticker“ auf, der Firmen in Echtzeit über neue US-Verordnungen informiert, damit Lieferketten schnell angepasst werden können.

Die Sicht der Unternehmen

In der Praxis bleibt den Firmen wenig Zeit. Uhren­hersteller prüfen, ob sie End­montagen nach Texas verlegen können. Maschinen­bauer denken über Joint Ventures in South Carolina nach, weil dort Steuer­vergünstigungen locken. Manche KMU schließen sogar kurzfristige Wechselkurs­versicherungen ab, um den starken Franken zu kompensieren. Andere wiederum setzen auf „Swissness“ als Verkaufs­argument: Wer eine Luxusuhr kauft, so das Marketing-Mantra, achtet weniger auf den Preis als auf Prestige.

Konsumenten: kleine Gewinner des Handelskriegs

Ironischerweise könnte der Schweizer End­verbraucher am Ende zu den Gewinnern zählen. Der starke Franken drückt die Preise für Elektronik, Mode und Reisen. Ein Flug Zürich–New York ist im Vergleich zu 2023 rund zehn Prozent günstiger, Hotel­ketten in Miami werben mit Off-Season-Rabatten, und auf US-Shopping-Plattformen locken zusätzliche Coupons. Selbst wenn amerikanische Jeans an der Grenze teurer würden, fällt die Mehr­belastung durch einen 31-prozentigen Zoll auf 40 Franken Warenwert kaum ins Gewicht.

Das große Bild

Ein Blick in die Statistik zeigt, dass die USA für die Schweiz zwar wichtig, aber nicht allesentscheidend sind. Rund zwölf Prozent aller Schweizer Exporte gehen in die Vereinigten Staaten. Die EU bleibt klarer Haupt­absatz­markt, gefolgt von China. Doch die USA haben eine enorme Signal­wirkung: Wenn die größte Volks­wirtschaft der Welt mit Strafzöllen droht, zögern auch andere Länder, neue Frei­handels­verträge zu unterschreiben. Für die kleine, offene Schweizer Volks­wirtschaft bedeutet jeder Zoll, jeder Handels­streit ein Risiko für Wohlstand und Arbeits­plätze.

Fazit

Trumps neue Zollpolitik ist für die Schweiz vor allem eines: ein Stresstest. Sie zeigt, wie verwundbar export­orientierte Branchen sind, wenn sie zu sehr auf einen Markt setzen. Uhren- und Maschinen­hersteller müssen bangen, Land­wirte und Feinkost-Produzenten fürchten um Wachstums­pläne. Gleichzeitig entstehen Chancen für Firmen mit US-Werken und für jene, die ihre Absatz­märkte rasch diversifizieren. Konsumenten profitieren von einem starken Franken, während die Politik zwischen Diplomatie und nüchternem Risiko­management balanciert.

Kurz gesagt: Die negativen Effekte überwiegen, aber sie sind nicht zwangsläufig existenz­bedrohend. Wer schnell reagiert, kreativ ausweicht und die globale Unsicherheit für strategische Entscheidungen nutzt, kann sogar gestärkt aus der Zollkrise hervorgehen. Die Schweiz hat das in ihrer Geschichte schon mehrfach bewiesen – und wird es wohl auch diesmal tun.